Ein unglaubliches Comeback. Nach langer, gesundheitsbedingter Pause kehrt Enrico Güntert vom LC Schaffhausen zurück auf die Rundbahn. An der Team-Europameisterschaft der Leichtathleten ist für die Schweizer Sprintstaffel am Samstag 28. Juni um 21.20 Uhr in Madrid aufgeboten.
Ernst A. Müller
„Wir brauchen dich!“ Enrico Güntert vom Leichtathletikclub Schaffhausen wurde vom Telefonanruf von Nati-Trainer Patrick Saile überrumpelt, hatte er doch seit dem letzten Herbst und schwerer Erkrankung keinen Wettkampf mehr bestritten. Saile ist für die Schweizer Staffelmannschaft zuständig. Er hatte auch in dieser Phase regelmässig bei Trainerin Sarah Weber nachgefragt, wie es Güntert geht. Aufgrund der neuesten Trainingswerte hat er sich entschlossen den Büsinger für das vorgängige Staffeltraining und die Team-EM 25 aufzubieten. Saile hatte nicht vergessen, dass der LCS-ler im letzten Jahr als Jocker in einem Notfall kurzfristig eingesprungen war und die Mannschaft an der WM herausgerissen hatte.
Die grosse Überraschung im Aufgebot für Team-EM
Güntert konnte es auch nach dem Anruf noch kaum glauben, dass er im Aufgebot unter den sechs Staffelläufern für die Team-EM aufgelistet war. Die beiden Schweizer Sprintasse Timothé Mumenthaler und William Reais sind gesetzt. Sowohl die routinierten Staffelläufer Bradley Lestrade und Felix Svensson als auch Daryl Bachmann haben hingegen mit ihren Zeiten um die 10.50 Sekunden in der bisherigen Saison noch nicht den gewünschten Level erreicht. Das ist eine Zeit, welche auch Güntert zuzutrauen ist.
Schweizer Spitzenathlet in zwei Disziplinen
Enrico Güntert war zu Beginn seiner Leichtathletiklaufbahn einer der hoffnungsvollsten Weitspringer in unserem Land. 2019 gewann er mit 7.65 Meter an der Schweizermeisterschaft die Bronzemedaille, lediglich 19 Zentimeter hinter Überflieger Simon Ehammer. Doch dann musste er wegen Fersenproblemen abrupt auf eine Weiterführung seiner Weitsprungkarriere verzichten, so dass er ungewollt auf die Sprintdistanzen wechselte. Diese Umstellung hat sich gelohnt. Wenig später gewann er im Sprint mehrere SM-Medaillen und lief an den Weltmeisterschaften 2023 und 2024 in der Sprintstaffel mit. In Erinnerung bleiben die TV-Bilder, als er an der Hallen-EM 2024 über 60 Meter durch eine mangelhafte Startanlage gleich doppelt um seinen Auftritt gebracht wurde.
Wiederaufbau nach gesundheitlichem Rückschlag
Nach diesen Erfolgen war es umso schlimmer, dass Güntert im letzten Herbst einen schweren gesundheitlichen Rückschlag erlitt. Ein Virus führte zu einer schweren Herzmuskelentzündung. Erst nach langen Wochen konnte er mit leichtem Training wieder beginnen und wurde von Trainerin Sarah Weber sorgsam aufgebaut. Keine leichte Aufgabe. Weber musste ständig abwägen, welches Training sinnvoll ist und wieviel der Gesundheitszustand ihres Athleten zulässt. Wie und ob er wirklich zurückkommt, wusste niemand, nicht die Ärzte noch die Betreuer oder die LCS-Kollegen. Doch Güntert verlor auch in dieser äusserst schwierigen Zeit die Zuversicht nie. „Er zeigte Stärke und Durchhaltewillen,“ lobte Weber ihren Schützling.
Nach erfolgreichem Test nach Madrid
Nach dem gezielten Training der letzten Wochen wiegt Güntert inzwischen 6 Kilogramm mehr. Dieser beachtliche Muskelzuwachs liefert ihm mehr Kraft und Schub für die Beschleunigung im Sprint. Wie schnell er im Vergleich zu seinen Sprintkollegen zur Zeit wirklich ist, zeigte das gemeinsame Staffeltraining am letzten Mittwoch erstmals auf. Enrico Güntert hatte Spass seine Nati-Kollegen wieder einmal zu treffen. Sportlich fühlte er sich super. Trainer Saile bestätigte, das Güntert ein gutes Training abgeliefert habe und nach Madrid mitkommt.
Kasten:
Zeitraffer 2023 bis 2025:
2023: WM 4×100 m Startläufer,
SM-Halle 2. Rang 60m, SM 3. Rang 200 m
2024 WM 4×100 Start, EM 4×100 Ersatz
SM 2. Rang 100 m
Sept. Beginn der Erkrankung
2025: ganze Hallensaison verpasst
Juni: Aufgebot für Team-EM 4×100


