
Im Leichtathletikstadion Letzigrund gibt es traditionellerweise knappe Entscheidungen. An den Schweizer Meisterschaften fielen sie am Freitag mehrheitlich zuungunsten der Schaffhauser Starter aus. Fürs absolute Highlight sorgte aber eine andere.
Die erste Zerreissprobe für die Nerven der Schaffhauser Leichtathletikfans gab es unerwartet. Im Halbfinallauf von Enrico Güntert über 100 Meter erfolgte ein Fehlstart. Würde ein Athlet ausscheiden, gar der Mitfavorit im Dress des Leichtathletik Clubs Schaffhausen? Momente des Bangens, doch dann die Erlösung: Es war ein technischer Fehler und alle Athleten konnten beim zweiten Start loslegen, Güntert qualifizierte sich für den Finallauf.

Was im Finallauf folgte, war ein Déjà-vu: erneut Fehlstart. Dieses Mal hatte tatsächlich ein Athlet zu früh gezuckt und schied aus. Beim zweiten Versuch schossen die verbleibenden Athleten aus dem Block. Güntert war nicht von Beginn weg vorne dabei, konnte aber aufdrehen. Kurz vor dem Ziel war es ultraknapp. Der Sieger Pascal Mancini schien klar zu sein, doch dahinter? Die Reaktion von Güntert liess nichts Gutes ahnen – und das Gefühl des Sportlers sollte recht behalten: Güntert verpasste um fünf Hundertstelsekunden die Bronzemedaille. Ein konsternierter Athlet verliess den Platz.
Schweizer Rekord für Kambundji
Für Partystimmung hatte kurz zuvor der 100-Meter-Finallauf der Frauen gesorgt, das mit grösster Spannung erwartete Rennen gestern Freitag. Ein hochkarätiges Feld mit zwei Olympiafinalistinnen, zwei Schweizer Rekordhalterinnen und weiteren WM-Teilnehmerinnen stand an der Startlinie. Sollte es eine Mujinga-Kambundji-Show geben wie 2017, als im Letzigrund zuletzt nationale Titelkämpfe ausgetragen wurden? Die Antwort war rasch klar: Ja! Spannend blieb es dennoch.
Schweizer Meisterschaften Resultate vom Freitag
Amaja Rahm, Yael Wäffler, Felix Doll, Ayal Schelling und Andrea Schlatter konnten im Letzigrund wertvolle Erfahrungen sammeln.
Nur den ersten Teil ihres Wettkampfs absolviert haben am Freitag Malin Rahm über 1500 Meter und Annina Fahr über 400 Meter Hürden. Rahm ist bereits zufrieden mit der Finalqualifikation, wie ihr Trainer und Vater Daniel Rahm bestätigte. Für Fahr geht es derweil um mehr: Sie hat gestern Freitag die beste Zeit aller Konkurrentinnen aufgestellt.
Heutiges Programm
Am Samstag, dem zweiten Wettkampftag stehen folgende Schaffhauserinnen und Schaffhauser im Einsatz: Lydia Boll, Simon Sieber, Roman Sieber, Malin Rahm, Nick Rüegg, Annina Fahr.
Nachdem sich Kambundji rasch von ihren Konkurrentinnen absetzen konnte, ging es um die Frage, wie schnell ihr Rennen sein würde. Denn die sogenannte piste magique aus Schaffhauser Herstellung ist schnell und Kambundji liebt das Heimpublikum. Als die Uhr bei 10,89 Sekunden stehen blieb, schrie das gesamte Publikum im Letzigrund auf. Schweizer Rekord! Kambundji holte sich mit dieser Zeit ihren Rekord von der Tessinerin Ajla del Ponte zurück, die ihn letztes Jahr auf 10,90 Sekunden gesenkt hatte. Das sei ein guter Anfang gewesen, sagte Kambundji im Ziel. «Es kann noch mehr kommen.» Eine Aussage, die aufhorchen lässt kurz vor Europa- und Weltmeisterschaften.
Undankbarer Rang für Boll
Das Momentum nicht auf ihrer Seite hatte gestern die Schaffhauser Siebenkämpferin Lydia Boll. Dabei hatte sie in ihrem Weitsprungwettkampf fast alles richtig gemacht. Trotz anfänglichen Schwierigkeiten mit dem Anlauf sprang sie konstant gute Weiten und lag bis zum letzten Durchgang sogar auf Medaillenkurs.

Erst ganz zum Ende sprang eine Konkurrentin nur wenige Zentimeter weiter. Boll blieb die Ledermedaille. «Das ist bitter», sagt Boll. «Aber ich habe mein Ziel erreicht, über sechs Meter zu springen.»
Finalqualis und Medaillenchance
Zufrieden sein können Melanie Müller, die im Kugelstossen bei schwierigen Witterungsbedingungen den siebten Rang erreichte, und Dominic Fehr. Der Zehnkämpfer klassierte sich als Achter. Den Wettkampf gewann derweil Simon Ehammer, der aktuell die Weltbestenliste im Weitsprung anführt.